Junge Seglerin aus NRW auf dem Weg zum Mini Transat 2017
Die Regatta Mini Transat gilt als die härteste Einhand-Regatta in der Offshore-Klasse Mini 6.50: Die etwa 4000 Seemeilen (7000 km) von Frankreich über den Atlantik in die Karibik werden alleine, auf nur 6,50m langen Booten und ohne moderne Kommunikationsmittel gesegelt. Das Ziel: als erste deutsche Seglerin dieses anspruchsvolle Rennen erfolgreich beenden.
Innerhalb des letzten Monats ist Lina auf ihrem Weg zur Teilnahme an der Mini Transat 2017 zwei große Schritte weitergekommen: Sie absolvierte sowohl erfolgreich einen 1000sm langen nonstop Solo-Qualifikationstörn im Atlantik, als auch die 500sm lange Regatta „Mare Nostrum“ im Mittelmeer.
Hier ihr Bericht:
Der Qualifikationstörn
Der „Qualifier“ ist neben 1000sm auf Regatten ein weiteres Qualifikationskriterium für die Mini Transat. Die Route ist mit drei zu rundenden Bahnmarken vorgegeben, Starthafen und –punkt sind frei wählbar.
Nach einer Woche intensiver Vorbereitung inklusive Unterwasserschiffarbeiten legte ich am 26.07. in La Rochelle bei Sommerwetter ab. Mein Kurs führte mich bei zunehmendem Wind südlich der Île de Ré bis zum Plateau de Rochebonne, meiner ersten Bahnmarke. Anschließend folgten drei lange, graue, einsame Tage Am Wind weit ab von der Küste bis zur Île d’Ouessant, die den Eingang zum Ärmelkanal markierte. In der Nacht des dritten Tages passierte ich bei 18kn Wind das Verkehrstrennungsgebiet Ouessant und den Rest des Kanals. Bei der Annäherung an Land’s End und die Scilly Islands besserte sich das Wetter: der Wind nahm, wenn auch noch sehr böig, auf 10kn ab und die Sonne kam hervor. Die Irische See bot mir unbeständigen Wind, sodass ich erst eine Nacht lang kreuzen musste, bevor sich der NW-Wind durchsetzte und ich direkten Kurs auf meine nördliche Wendemarke, die irische Tonne Coningbeg, fahren konnte.
Am Morgen des 6. Tages rundete ich Coningbeg. Nun ging es wirklich zurück. Doch statt eines schnellen Raumschotskurses erwarteten mich zwei Tage Starkwind mit 30-40kn Wind und 3-4m Welle im Kanal. Eine echte Probe, sowohl für mich, als auch für das Boot. Müde passierte ich am Abend des 8. Tages erneut das Verkehrstrennungsgbiet Ouessant und näherte mich bei langsam etwas abnehmendem Wind der französischen Küste. Doch auch die letzten 180sm hatten es nochmal in sich. Anfangs ging es unter Sturmfock und mit drittem Reff im Groß noch flott mit 7-10kn voran, doch nachts nahm der Wind ab und kam genau von hinten, sodass ich am Morgen des 10. Tages immer noch 60sm vor mir hatte. Nach Flaute und Regen wurde es jedoch endlich besser, sodass ich die letzten Stunden bei herrlichem Wetter und 8-10kn an Les Sables d’Olonnes und schließlich an der Île de Ré entlang segeln konnte. Abends passierte ich mit dem Pont de Ré (derBrücke zwischen La Rochelle und Île de Ré) meine letzte Bahnmarke und machte gegen 22:30 am 03.08. sehr erschöpft, aber glücklich diesen wichtigen Schritt geschafft zu haben, wieder im Hafen von La Rochelle fest. Es war ein harter und anstrengender Törn, der mich um viele Erfahrungen reicher gemacht, noch mehr mit dem Boot verbunden und mir noch stärker als die letzte Regatta vor Augen geführt hat, welche Schwierigkeiten das Einhandsegeln birgt.
„Mare Nostrum“:
Am 26.09. fiel vor der spanischen Küste der Startschuss zur vom Club Nautic Garraf ausgerichteten Regatta „Mare Nostrum“. Die 15 Mini 6.50 (3 Protos, 12 Serienboote) wurden zweihand gesegelt. Mit Sverre Reinke als meinem Co-Skipper gingen zwei Europe-Segler an Bord der „minidoc“ dieses 500sm lange Rennen an. Der Kurs führte die Crews vom etwa 20 km südlich von Barcelona liegenden Garraf aus im Uhrzeigersinn um die Balearen herum und zurück nach Garraf. Es war ein gemischtes Teilnehmerfeld mit Franzosen, Spaniern, Italienern, einem tschechischen und einem deutschen Team; dabei waren sowohl relative Newcomer, als auch Profisegler, die schon ein Volvo Ocean Race hinter sich haben.
„Bereits am Anfang der Regatta erwartete uns die für das Mittelmeer so typische Flaute. Nach dem Start und einem 15sm langen Up-and-down vor der Küste nahm der Wind nach anfänglichen 8kn zum Abend hin ab. Die Lichter von Garraf und Barcelona entfernten sich nachts kaum. Schlagen der Segel, unter Code 0 möglichst noch ein bisschen Fahrt machen, versuchen trotzdem im Wechsel zu schlafen. Wir hielten uns links der Flotte und konnten uns so Stunde für Stunde etwas vorschieben.
Nach 15 Stunden Flaute kam am nächsten Mittag langsam wieder Wind auf, sodass wir weiterhin unter Code 0 Strecke nach Menorca gut machen konnten. Einige Boote wählten einen tieferen Kurs, waren daher schneller unterwegs und verwiesen uns langsam aber sicher auf die hinteren Plätze. Enttäuschend, aber weiter ging’s. Das Rennen ist erst im Ziel vorbei.
Nach einer kurzen Kreuz direkt unter der Küste unserer ersten Baleareninsel passierten wir nach 50 Stunden unseren ersten Wegpunkt, die Isla del Aire. Am Wind ging es in unsere dritte Nacht hinein, das nächste Etappenziel war die 80sm entfernte Insel Cabrera, südlich von Mallorca. Während die Lichter Mallorcas Steuerbord an uns vorbeizogen, drehte der Wind und wir konnten unseren Code 5 setzen. Als wir im Morgengrauen das felsige Cabrera passierten, wechselten wir bei abnehmendem Wind auf den großen Spinnaker. Dieser begleitete uns den ganzen kommenden Tag über, während wir vor dem Wind nach Formentera kreuzten. Einige Minis waren immer in Sichtweite und am Nachmittag hatten wir uns so weit an eine andere Pogo 2 herangearbeitet, dass wir einige Stunden lang in Rufreichweite ein richtiges Kopf-an-Kopf-Rennen fuhren, welches wir kurz vor der SW-Spitze Formenteras gewannen.
Damit begann unsere Aufholjagd! In Lee der Insel ging gegen Mitternacht der Code 0 hoch und bei 10kn Wind rauschten wir unter einem tollen Sternenhimmel auf flachem Wasser mit durchschnittlich 8kn Fahrt durch die Nacht. Unser 5. Tag auf See brachte ausnahmsweise einmal mehr Wind und wir machten weiterhin Strecke gut auf dem Weg zur Inselgruppe Columbretes. Mittags passierten wir auch diesen dritten und damit letzten Wegpunkt. Während sich viele Boote lange unter der spanischen Küste aufhielten, segelten wir mit gutem Speed direkt in Richtung Garraf, wodurch wir wieder ordentlich aufholten und den Anschluss an das Hauptfeld fanden. Eine dunkle Nacht mit wenig Schlaf, zwischendurch noch weniger Wind und dafür vielen Segelwechseln lag vor uns. Doch es zahlte sich aus: nach einer weiteren Flaute am Morgen knapp vor der Ziellinie überholten wir noch zwei weitere Boote. Nach knapp 5 Tagen und 600 gesegelten Seemeilen überquerten wir als 7.Serienboot die Ziellinie. Damit waren wir auf dem 2. Platz der intern verbreiteten Wertung der Boote älterer Generation gelandet.
Eine Regatta, bei der man statt mit Kälte und Nässe mit Hitze und Sonne klar kommen muss, war ein absoluter Kontrast zu den bisherigen Mini-Erfahrungen am Atlantik. Gerade durch das Segeln auf geringer Distanz zu anderen Booten war die Lernkurve enorm, sodass wir den Bootstrimm und damit auch unsere Geschwindigkeit immer besser anpassen konnten.
Zur vollständigen Qualifikation zur Mini Transat, die am 1.Oktober 2017 in La Rochelle starten wird, fehlen Lina Rixgens nun noch 170sm innerhalb von Regatten. Um auch diese noch 2016 zu absolvieren, wird sie Anfang Oktober zum 300sm langen „Mini Barcelona“ starten, welches wiederum einhand gesegelt wird.
Wir wünschen Lina viel Glück und gutes Gelingen!
Bilder: Lina Rixgens